International Council for Traditions of Music and Dance

A Non-Governmental Organization in Formal Consultative Relations with UNESCO

Tagungsbericht Samarkand

5. Tagung der Study Group \"maqÉm\" des ICTM in Samarkand

Eingebunden in das III. Internationale Festival \"Sharq taronalari\", konnte vom 26. bis 30. August 2001 die 5. Tagung der Study Group \"maqÉm\" des ICTM in Samarkand abgehalten werden. Ursprünglich sollte das geschichtsträchtige Buchara der Tagungsort sein. Aus organisatorisch-technischen Schwierigkeiten aber, und weil überdies mehrere Tagungsteilnehmer in die Internationale Jury des Wettbewerbs berufen wurden, ergab sich die Verlagerung der Tagung nach dem nicht minder herrlichen Samarkand. Ein Tagesausflug nach Buchara mit seinen wunderbaren architektonischen Denkmalen mochte in gewissem Maße für den unerwarteten Ortswechsel entschädigen, die Arbeitsbedingungen jedoch verbesserten sich durch den Umzug leider nicht. Eine weitere Veränderung brachte die Verknüpfung mit dem Festival auch in Hinsicht auf die Teilnehmerzahl. Das für die Tagung vorgegebene Hauptthema \"Intercultural comparison of maqÉm and related phenomena\", das vornehmlich auf den Bezug zum riesigen mittelasiatischen Traditionsgebiet abzielte, sollte besonders interessant werden durch zahlreiche Teilnehmer aus den ehemaligen GUS-Staaten. Aber gerade von ihnen konnten viele nicht anreisen, so daß von den ursprünglich vorgesehenen 25 Beiträgen nur gut die Hälfte übrigblieben.
Nichtsdestotrotz gestaltete sich das 5. Treffen der Studiengruppe zu einem wichtigen und fruchtbaren Ereignis. Insgesamt waren auf ihm Wissenschaftler aus zwölf Ländern vertreten (Uzbekistan, Tadjikistan, Kyrgystan, Rußland, USA, Deutschland, England, Frankreich, Iran, Iraq, Ägypten, Israel). Die Referate brachten neben vergleichenden Studien vor allem neue Kenntnisse zur Geschichte des maqÉm-Phänomens auf Grund der Auswertung von Traktaten sowie Ergebnisse analytischer Studien zutage.
Die Verhandlungen wurden durch zwei Problemstudien zur vorgegebenen Thematik eröffnet. Faizulla Karomatli (Taschkent) referierte über \"Scientific-theoretical problems and practical tasks of comparative maqÉm studies\" und Jürgen Elsner (Zepernick bei Berlin) hinterfragte die Gefährnisse vergleichender Studien unter dem Thema \"Regional musical productions following the tonegroup principle, common features and differences. A contrast with ŠašmaqÉm and Algerian nãba\". Weitere Beiträge zur Differenzierung einzelner regionaler Traditionen im Vergleich zu anderen lieferten Jozef Pacholczyk (Maryland) mit \"MaqÉm - rÉga relationship in the music of Kashmir\", Scheherazade Hassan (Bagdad/Paris) mit \"Terminology, concepts and criteria of classification in the art music of Iraq\", Tamila Djani-Zade (Moskau) mit \"The concept of radíf in Azerbaijanian and Persian dastgÉh\" und Ameneh Youssefzadeh (Paris) mit \"Intercultural exchanges in music in Khorasan: Kuroghli in the repertoire of bakhshi and Ésheq\".
Dem historischen Aspekt des maqÉm-Phänomens galten die sehr beeindruckenden, auf intimem Studium von Traktaten beruhenden Beiträge von Hooman AsÙadi (Tehran; \"Towards the formation of the dastgÉh concept\"), Dilorom Karomat (Taschkent; \"The \'Twelve maqÉmÉt\' in Indian music manuscipts\"), Iroda Dadajanova (Taschkent; \"The idea of maqÉm in the treatise of QuÓb ad-Dín aš-ŠírÉzí and its importance for comparative musicology\"), Asliddin Nizamov (Dushanbe; \"The maqÉmÉt in the view of Sufism\") und Amnon Shiloah (Jerusalem; \"Nawba and maqÉm in some anonymous Arabic manuscripts\"). Ferner waren die Beiträge von Oqilkhon Ibrohimov (Taschkent; \"On the history of Uzbek maqÉmÉt\") und Abdumannon Nazarov (Taschkent; \"Problems of maqÉm typology in the musical heritage of Central Asia\") historischen Themen gewidmet.
Analytische Beiträge und Beschreibungen gegenwärtiger musikalischer Entwicklungen lieferten Abdulaziz Khashimov (Taschkent; \"The phenomenon of cyclicizm in the memorized classical musical heritage of the Uighurs and problems of the modern performing practice\"), Rustam Abdullaev (Taschkent; \"Musical-stylistic peculiarities of maqÉm in the genre \'likobi /katta/ ashula\'\"), Ravshan Yunusov (Taschkent; \"The impact of the contemporary stylistic development on the maqÉmÉt\"), Tokhtasin Gafurbekov (Taschkent; \"The role of the maqÉmÉt in the activity of composers\"), Sagynaly Subanaliev (Bischkek; \"The peculiarities of forming the Kyrgyz kioui for komouz\"), Kholmirza Kurbanov (Taschkent; \"The marks of maqÉm in the Karakalpak \'Mukhalles\'\") und Farouk Ammar (Kairo; \"Fundamental rules of the tetrachordal structure of the Arabian maqÉmÉt\").
Von besonderem Gewicht waren die systembezogenen analytischen Darstellungen von Jean During (Paris/Taschkent) über \"General factors of melodies in Central Asian people\'s music and its tonalmelodic foundations\" und von John Baily (London) über \"The Afghan rubab as the embodiment of modal thinking in Afghanistan\", die die Referenten hervorragend mit praktischen Beispielen auf ihnen geläufigen Instrumenten veranschaulichten. Eine besondere Ergänzung des letztgenannten Beitrags bildete der Bericht Veronica Doubledays (London) über \"Modal practices and concepts among women musicians in Afghanistan of the 1970s\".
Es besteht die Absicht, die zum Teil in der Diskussion mit interessanten Argumenten erörterten und überarbeiteten Referate in Uzbekisch und Englisch zu publizieren. Die nächste Tagung der Study Group soll im Jahre 2004 in einem nordafrikanischen Land stattfinden.

Jürgen Elsner